Kardiologie und Recht
Kardiologie und Recht

Herzkatheterkooperationen

Auf besondere Kritik ist die mögliche Strafbarkeit berufspolitisch gewünschter Kooperationen beim §299,a,b gestoßen. Der Gesetzgeber nimmt hierzu Stellung, indem er sich einerseits gegen einen Pauschalverdacht ausspricht und andererseits Abgrenzungskriterien nennt. Für die Strafbarkeit ist entscheidend, dass „das Entgelt nicht entsprechend dem Wert der erbrachten heilberuflichen Leistung in wirtschaftlich angemessener Höhe nachvollziehbar festgelegt worden ist und es eine verdeckte „Zuweiserprämie“ enthält“ (vgl. Nebendahl, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 14, § 73 SGB V, Rz. 20).

"Zuweiserprämie", "Kick-Back" oder auch einfach "Korruption" gibt es nicht  in Deutschland würden nun alle sagen - das gibt es nur in Griechenland.

 

Also machen wir ein rein fiktives Beispiel aus einer nur fiktiven deutschen Praxis.

 

Ein invasiver niedergelassener Kardiologe hat keinen eigenen Katheter (wenn ja, dann stellen sich alle folgenden Probleme gar nicht). Er "mietet" sich in einer Klinik, die einen solchen Herzkatheter hat, ein. Hierfür bezahlt er eine Pauschale von 200 Euro pro Untersuchung. Zusätzlich wird das Material der Untersuchung gesondert einzeln berechnet (ca. 100 Euro). Das heisst, von seinen 623 Euro der KV bezahlt er 300 Euro an die Klinik.

 

Einer seiner Patienten hat in der Diagnostik einen behandlungswürdigen Befund, der eine Koronarintervention notwendig macht. Er führt die Intervention durch und erhält dafür ein Entgelt von 1000 Euro von dem Krankenhaus als ärztliche Leistung, denn der Patient wird vor dem Beginn des Eingriffs stationär, damit Er über das DRG von der Klniik abgerechnet werden kann. Die Klinik rechnet hier z.B. die F58b für 3307,80€ pro Fall (Stand 2018) als Erlös ab. 

 

Alle sind glücklich - nur Problem, schwierig dem Staatsanwalt oder Richter zu erklären...Warum?

 

Wenn man das DRG anschaut, dann ist hier jede einzelne Leistung aufgelistet. Für die ärztliche Leistung bei einer Herzkatheterunterusuchung mit anschließender PCI ist die Leistung mit 390 Euro aufgelistet. Der Arzt bekommt aber 1000 Euro? Was ist die Differenz von 1000-390 = 610 Euro ? Der Arzt könnte argumentieren, das es doch immer so war. Problem ist, das zählt nicht. Die Differenz ist nichts anderes als eine versteckte Zuweiserprämie oder auch Kick-Back genannt. Umgangssprachlich könnte man es auch Korruption nennen (siehe Sektion Kooperationen).

 

Zweite Schwierigkeit ist, das der Arzt, alle seine Untersuchungen auf einer fremden Herzkatheteranlage durchführt. Aber dafür zahlt er doch eine Pauschale an die Klinik oder? Problem ist, das ein anderer Arzt, das alles mit seiner eigenen Herzkatheteranlage durchführt und hier alle Kosten des Geräts selber bezahlen muss, wie Wartung und Personal.

Der einmietende Kollege hat somit einen geldwerten Vorteil bzw. einen unlauteren Wettbewerbsvorteil, denn die Pauschale müsste die wirklichen Kosten - die auch der Kollege hat, dem das Gerät selber gehört - abdecken. Die Pauschale wird aber extra niedrig gewählt vom Krankenhaus, um dem Arzt einen Anreiz zu schaffen viele Untersuchungen dort zu machen. Also wieder verstecke Zuweiserprämie.

 

Dritte Schwierigkeit besteht darin, das man sich fragen muss, wohin der Arzt seine "anderen kardiologischen" Patienten wohl schicken wird? Zufällig in das gleiche Krankenhaus? Dann könnte man von Lenkung von Patienten gemäß §299,a Abs3 ausgehen. Zusätzliche Frage ist, ob der Patient in dem Moment, in dem er auf dem Tisch liegt und die Diagnostik abgeschlossen ist und in das stationäre System wechseln muss - laut Vertrag, den der Arzt mit der Klinik hat - die Wahl hätte auch sich für eine andere Klinik zu entscheiden? Ist dann damit nicht auch die Wahlfreiheit des Patienten wieder umgangen und man könnte von Lenkung von Patienten reden - ups schon wieder §299a,b Abs 3.

 

Um es noch schwieriger zu machen: Wenn der niedergelassene Arzt einen Privatpatienten behandelt, darf er ihn sobald er stationär wird nur noch gemäß KV abrechnen oder er muss den Eingriff den Chefarzt der Klinik bzw. den Liquidationsbeauftragten der Klinik machen lassen, denn alle anderen sind dazu nicht mehr berechtigt Az.: 39 C 11058/11. Das heisst er tritt ab, und der Patient wartet bis der Chefarzt kommen kann, dann muss die Chefarztbehandlung unterschrieben werden und dann kann der Chefarzt den Eingriff machen.

(P.S. der Chefarzt hat auch immer sofort Zeit) - in der ganzen Zeit ist die Schleuse im Arm oder der Leiste des Patienten, medizinisch indiziert oder?

 

Alles nur fiktiv könnte man meinen? Nun es gibt schon Kliniken in Deutschland, in denen wurden die Verträge der Vertragsärzte gekündigt und mussten neu und rechtskonform verhandelt werden - ach so, die Staatsanwaltschaft fand das auch interessant.

 

Aus der Praxis:

Und was ist jetzt die Lösung dafür? Es gibt nur eine legale.... ein invasiv tätiger Vertragsarzt muss sich seinen eigenen Katheter zulegen, so wie er auch sein eigenes Ultraschallgerät hat und seinen eigenen Computer. Die leiht er sich ja auch nicht nebenan aus. Damit hat er natürlich das wirtschaftliche Risiko, aber die rechtliche Sicherheit. Er behandelt stationär keine Privatpatienten und läßt seinen Versorgungsvertrag mit der Klinik sehr genau anwaltlich prüfen - und am besten von der Ärztekammer auch.

 

Es ist also eine Frage der Betrachtung und Priorität: Was ist mir wichtiger? Wirtschaftliches oder rechtliches Risiko? Wenn ich keines haben will, dann bleibe ich Chefarzt oder Oberarzt an einer Klinik.

 

Und als Patient? Würden wir empfehlen zu fragen, wem der Katheter gehört und ob man die Wahlfreiheit hat nach der Diagnostik auch hätte, den Eingiff woanders zu machen? Dabei kommen plötzlich spannende Antworten ans Licht.